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Die geplante Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministeriums und deren rechtliche Implikationen

Dass die deutsche Krankenhauslandschaft reformbedürftig ist, dürfte in der Zwischenzeit als Binsenweisheit gelten. Neben der immer wieder diskutierten Über- und Unterversorgung einzelner Regionen dürfte insbesondere die finanzielle Schieflage einiger Häuser inzwischen über jedwede politische Grenze hinaus konsensfähig sein. Auch die Bundesregierung hat dies im Rahmen ihres Koalitionsvertrages erneut festgehalten und die dort vorgesehene Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung im Mai 2022 eingerichtet, um Vorschläge für notwendige Reformen im Krankenhausbereich zu unterbreiten.

In der Zwischenzeit hat diese Regierungskommission vier Stellungnahmen und Empfehlungen vorgelegt, die jeweils unterschiedliche Themenkreise des Gesundheitswesens behandeln. Von besonderer Bedeutung für die Krankenhauslandschaft ist die am 6. Dezember 2022 veröffentlichte dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission zu einer grundlegenden Reform der Krankenhausvergütung. Darin schlägt die Regierungskommission die Abwendung weg vom aktuellen DRG-System vor, um ─ wie die Kommission selbst ausführt ─ einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Stabilisierung der Krankenhausversorgung und -vergütung zu leisten. Die unterbreiteten Vorschläge sind nach Ansicht der Kommission der Schlüssel, um eine stationäre Überversorgung zu reduzieren, regionaler Unterversorgung entgegenzuwirken, die Effizienz der Gesundheitsversorgung zu steigern und Fachkräfte entsprechend ihrer Qualifikation einzusetzen.

Mit diesem Paradigmenwechsel einhergehend, schlägt die Kommission zudem eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung der Länder vor, die die Krankenhausträger vor erhebliche Planungs- und Strukturierungsfragen stellen dürfte. Diese sieht nämlich eine neue einheitliche Definition von Krankenhausversorgungsstufen (sog. Leveln) vor, um lokale, regionale und überregionale Versorgungsaufträge abzugrenzen. Folgt man der Regierungskommission, sollen die Krankenhäuser zukünftig bundesweit einheitlich in die Level I bis Level III aufgeteilt werden. Level I und Level III erfahren hierbei eine weitere Unterklassifizierung.

  • Level Ii soll eine integral ambulant/stationäre Grundversorgung abbilden;
  • Level In zusätzlich zu den Vorgaben von Level Ii den regionalen Sicherstellungsauftrag für stationäre, internistische und chirurgische Basisversorgung darstellen;
  • Level II soll Krankenhäuser umfassen die Regel- und Schwerpunktversorgung anbieten, die im Vergleich zur vorgenannten Grundversorgung weitere Leistungen anbieten können und
  • Level III sowie die Universitätsmedizin soll die Maximalversorgung abbilden.

Durch die vorgeschlagene Vergütungsreform sollten die Level I bis Level III Krankenhäuser fortan eine fallmengenunabhängige sowie eine fallmengenabhängige Finanzierung erhalten.

Wie aus zahlreichen regionalen und überregionalen Medien bereits zu entnehmen war, dürfte Folge dieses Regierungskommissionsvorschlags sein, dass eine erhebliche Anzahl an Krankenhäusern bundesweit geschlossen, bzw. umstrukturiert werden müssen, um die neuen Leveleinteilungen einhalten zu können. In der Diskussion stehen hier tatsächlich bis zu 600 Krankenhäuser, die geschlossen werden müssten. Auch die wohl gerade in den ländlichen Regionen erforderlichen Ertüchtigungen von Level I auf Level II Krankenhäuser dürfte erhebliche Ausmaße annehmen.

Losgelöst von etwaigen rechtstechnischen Umsetzungsfragen dieser Reform dürfte es bereits jetzt zur Gestaltung einer zukunftssicheren rechtlichen Gestaltung der Gesundheitsversorgung in Deutschland zur erheblichen anwaltlichen Beratungsbedarf kommen, der sich im Zweifel im Rahmen der Umsetzung dieses Gesetzesvorhabens manifestieren wird. Zu nennen dürften hier neben den klassischen gesellschaftsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen natürlich auch Fragen des Arbeitsrechts sowie insolvenzrechtlicher Fragestellungen sein. Sollten die Vorschläge der Kommission tatsächlich umgesetzt werden, so dürfte dies zu einer Umstrukturierungswelle der deutschen Krankenhauslandschaft führen, wie sie bisher noch nicht gesehen wurde. Aus anwaltlicher Sicht ist daher dringend zu empfehlen, die gesetzgeberischen Prozesse so früh wie möglich im Auge zu behalten und mögliche rechtliche Folgen für die eigene Krankenhaus-Infrastruktur frühzeitig zu erkennen.

Benjamin Knorr
Dr. Silke Dulle

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Krankenhausreform Krankenhausversorgung Gesundheitsversorgung

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