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Virtuelle Mitgliederversammlung im Verein

Der Bundestag hat am 09.02.2023 eine Gesetzesänderung beschlossen, die es Vereinen ermöglicht, auch ohne entsprechende Satzungsbestimmungen hybride und virtuelle Mitgliederversammlungen abzuhalten. Bislang war dies nur möglich, wenn dies in der Satzung vorgesehen war oder wenn alle Mitglieder dem schriftlich zugestimmt haben.

Hintergrund

Früher – genauer: vor Corona - mussten Mitgliederversammlungen grundsätzlich in Präsenz stattfinden, sofern – wie in den meisten Fällen – die Satzung des Vereins die Möglichkeit einer hybriden oder virtuellen Mitgliederversammlung nicht ausdrücklich vorsah oder alle Mitglieder dem ausdrücklich zustimmten. Im Frühjahr 2020 wurden vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie übergangsweise geltende gesetzliche Regelugen eingeführt, die Kapitalgesellschaften und Vereinen die Möglichkeit eröffneten, virtuelle Gesellschafter-, Haupt- und Mitgliederversammlungen abzuhalten. Von diesen Möglichkeiten haben Vereine und Gesellschaften in großem Umfang Gebrauch gemacht. Die virtuellen Formate wurden gut angenommen und hatten den Vorteil, dass auch entfernt wohnende Mitglieder erreicht werden konnten. Die Corona-bedingten Übergangsregelungen sind am 31.08.2022 ausgelaufen. Rechtzeitig vorher hat der Gesetzgeber für die GmbH und für die Aktiengesellschaft dauerhafte gesetzliche Grundlagen für virtuelle Gesellschafter-, Hauptversammlungen geschaffen; die maßgeblichen Bestimmungen im Vereinsrecht blieben jedoch unangetastet. Erst am 09.02.2023 wurde ein Gesetzesentwurf beschlossen, wonach in § 32 BGB ein neuer Absatz 2 eingeführt wird, der künftig virtuellen und hybride Mitgliederversammlungen bei Vereinen ermöglicht. Die Änderung tritt am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Die Verkündung ist bislang noch nicht erfolgt.

Inhalt der Neuregelung

Die Neuregelung sieht vor, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Damit ist es von Gesetzes wegen möglich, eine in Präsenz stattfindende Mitgliederversammlung abzuhalten, an der einzelne Mitglieder auch virtuell teilnehmen können. Zur Ausübung der Mitgliedschaftsrechte in der Mitgliederversammlung ist die physische Anwesenheit des einzelnen Mitglieds nicht mehr zwingend erforderlich. Wird eine hybride Mitgliederversammlung einberufen, können die Mitglieder künftig entscheiden, ob sie in Präsenz oder virtuell teilnehmen wollen.

Darüber hinaus ist es nach der Neuregelung auch möglich, rein virtuelle Mitgliederversammlungen abzuhalten. In diesem Fall können Mitglieder nicht in Präsenz teilnehmen, sondern ausschließlich im Wege der elektronischen Kommunikation. Der Begriff der elektronischen Kommunikation umfasst sowohl bei der rein virtuellen als auch bei der hybriden Mitgliederversammlung die Bild- und Tonübertragung im Wege einer Videokonferenz und daneben auch andere elektronische Kommunikationsmittel wie beispielsweise Telefon, Chat und Abstimmung per E-Mail. Die Auswahl des für den Verein jeweils geeigneten elektronischen Kommunikationsmittels überlässt der Gesetzgeber dem Vereinsvorstand.

Voraussetzungen und Modalitäten der Einberufung

Eine hybride Mitgliederversammlung kann durch den Vereinsvorstand jederzeit ohne Mitwirkung der Mitglieder einberufen werden.

Soll hingegen eine rein virtuelle Mitgliederversammlung stattfinden, müssen die Mitglieder dies entweder selbst beschließen oder den Vereinsvorstand durch Beschluss zur Einberufung virtueller Mitgliederversammlungen ermächtigen. Der jeweilige Beschluss kann innerhalb einer Mitgliederversammlung durch einfache Mehrheit gefasst werden, wobei dann erst die nächste Versammlung virtuell stattfinden kann. Alternativ kann die Einberufung einer virtuellen Mitgliederversammlung bzw. die Ermächtigung des Vorstands auch außerhalb einer Versammlung im Umlaufverfahren beschlossen werden, wenn sich jedes Vereinsmitglied schriftlich damit einverstanden erklärt. Wenn die Ermächtigung zur Einberufung virtueller Mitgliederversammlungen einmal erteilt wurde, kann der Vorstand alle künftigen Mitgliederversammlungen in dieser Form abhalten, bis die Ermächtigung durch Beschluss zurückgenommen wird.

Bei der Einberufung einer hybriden oder virtuellen Mitgliederversammlung muss der Vorstand bekannt geben, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der Kommunikation geltend machen können. Dabei sind vor allem hinreichend genaue Angaben darüber zu machen, welches elektronische Kommunikationsmittel genutzt wird und mit welchen technischen Mitteln an der Versammlung teilgenommen werden kann. Dies soll sicherstellen, dass alle Mitglieder genügend Zeit haben, um sich auf eine virtuelle Teilnahme technisch vorzubereiten.

Fazit

Die Neuregelung ist zu begrüßen. Sie fördert das Fortschreiten der Digitalisierung in der Gesellschaft und ermöglicht den Vereinen mehr Flexibilität bei der Organisation von Mitgliederversammlungen. Sowohl bei der GmbH als auch bei der Aktiengesellschaft werden die Möglichkeit zur Abhaltung hybrider, vor allem aber virtueller Gesellschafter- bzw. Hauptversammlungen bisher sehr gut angenommen, sodass davon auszugehen ist, dass sich dieses Format auch bei vielen Vereinen etablieren wird. Durch das Ermessen, das dem Vorstand bei der Wahl des elektronischen Kommunikationsmittels eingeräumt wird, kann jeder Verein selbst für sich entscheiden, welche Kommunikationsplattform für ihn am sinnvollsten ist.

Letztlich ist es auch konsequent, dass der Gesetzgeber bei der Kompetenz über die Einberufung einer hybriden und einer virtuellen Mitgliederversammlung differenziert. Während bei hybriden Mitgliederversammlungen die Teilnahmemöglichkeiten lediglich erweitert werden, wirken rein virtuelle Versammlungen für die Mitglieder, die nicht über die technische Ausstattung zur Teilnahme verfügen, beschränkend. Es ist daher richtig, diese Möglichkeit im Grundsatz zur Disposition der Mitglieder zu stellen. Denn auch nach der Neuregelung bleibt es den Vereinen unbenommen, die generelle Zulässigkeit hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen in der Satzung vorzusehen oder diese Möglichkeiten auszuschließen.

Dr. Barbara Mayer
Stephan Strubinger

Dieser Blogbeitrag erscheint ebenso im Haufe Wirtschaftsrechtsnewsletter.

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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