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Warum die Gesellschafterliste im Handelsregister immer richtig sein sollte

Wer in der im Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste eingetragen ist, gilt als Gesellschafter. Wer nicht eingetragen ist, kann gegenüber der Gesellschaft keine Gesellschafterrechte ausüben. Wer eingetragen ist, haftet für Gesellschafterpflichten und kann – unter Umständen – über die Geschäftsanteile auch dann verfügen, wenn er gar nicht Gesellschafter ist.

OLG Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2022 – 7 W 87/22

Die im Handelsregister aufgenommene – und für jedermann einsehbare - Gesellschafterliste ist auf mannigfaltige Art und Weise von Bedeutung. Sie sorgt für volle Transparenz in Bezug auf die Anteilsstrukturen der Gesellschaft und schafft dadurch Rechtssicherheit und Gläubigerschutz. Für jeden Gesellschafter ist es essenziell, in der Gesellschafterliste als Gesellschafter aufgeführt zu sein. Denn nur derjenige, der als Gesellschafter eingetragen ist, kann seine Gesellschafterrechte - wie beispielsweise das Stimmrecht, das Auskunftsrecht oder Gewinnbezugsrechte - gegenüber der Gesellschaft ausüben. Die Kehrseite der Medaille: Wer in der Gesellschafterliste als Gesellschafter eingetragen ist, gilt als Gesellschafter und hat auch sämtliche mit der Gesellschafterstellung einhergehende Pflichten, beispielsweise die Haftung für rückständige Einlageverpflichtungen.

Wer in der Gesellschafterliste eingetragen ist, gilt als Gesellschafter. Daraus folgt unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eines Geschäftsanteils von einem zu Unrecht in der Gesellschafterliste Eingetragenen. Ein gutgläubiger Erwerb ist ausgeschlossen, wenn die Gesellschafterliste (bezogen auf den veräußerten Geschäftsanteil) weniger als drei Jahre unrichtig ist und die fehlerhafte Eintragung dem tatsächlich berechtigten Gesellschafter (der noch nicht eingetragen ist) nicht zugerechnet werden kann.

Vor diesem Hintergrund sollte die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste zu jeder Zeit aktuell gehalten werden. Das gilt vor allem bei Anteilsübertragungen. Der Erwerber von Geschäftsanteilen kann seine Gesellschafterrechte erst nach seiner Eintragung ausüben. Für ihn besteht außerdem das Risiko, dass ein Dritter seinen Geschäftsanteil gutgläubig vom (noch eingetragenen) Veräußerer erwerben kann. Der Veräußerer ist wiederum so lange mit den aus dem Geschäftsanteil folgenden Pflichten belastet, wie er als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist.

Zuständig für die Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste beim Handelsregister ist der Geschäftsführer oder ein an der Veränderung des Gesellschafterbestandes mitwirkender Notar. Verletzt er seine Pflicht zur Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste, ist er dem Betroffenen gegenüber zum Schadenersatz verpflichtet. Die Gesellschafter haben keine direkte Möglichkeit, eine aktualisierte Gesellschafterliste beim Handelsregister einzureichen – sie müssen notfalls gerichtlich darauf hinwirken, dass der Geschäftsführer (oder der Notar) eine aktualisierte Liste einreicht.

Eine inhaltlich unrichtige Gesellschafterliste kann nach Einreichung beim Handelsregister nicht mehr zurückgenommen oder widerrufen werden. Eine Korrektur ist nur durch Einreichung einer neuen, richtigen Gesellschafterliste möglich. Mit dieser Thematik hatte sich jüngst das OLG Brandenburg zu beschäftigen.

Hintergrund

In dem zugrunde liegenden Fall beantragte der Kläger, die unrichtige Gesellschafterliste aus dem Handelsregister zu entfernen, insbesondere um einen gutgläubigen Erwerb seines Geschäftsanteils durch einen Dritten zu verhindern. Ohne Erfolg.

Das OLG Brandenburg entschied, dass eine in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste nicht entfernt werden darf, auch nicht, wenn sie sich vollständig als unrichtig erweist. Eine unrichtige Gesellschafterliste lässt sich nur durch Aufnahme einer neuen, inhaltlich richtigen Liste korrigieren. Solange keine korrigierte Gesellschafterliste eingereicht ist, hat der betroffene Gesellschafter noch die Möglichkeit, einen Widerspruch zur Gesellschafterliste beim Handelsregister zu beantragen. Damit kann er den guten Glauben an den Inhalt der Gesellschafterliste erschüttern: Der Widerspruch zeigt, dass die Gesellschafterliste für unrichtig gehalten wird. Das Register schafft damit lückenlose Transparenz – denn es kann auf Dauer festgestellt werden, dass und in welchem Zeitraum ein Widerspruch zur Gesellschafterliste zugeordnet war und ob dieser wieder aufgehoben wurde. Würde die (unrichtige) Gesellschafterliste schlicht aus dem Register entfernt, wäre nicht mehr erkennbar, dass Unsicherheit oder Streit über die Anteile an der Gesellschaft besteht bzw. bestand.

Anmerkungen und Praxistipp

Die Auswirkungen der Entscheidung waren für den Betroffenen fatal. Denn die Gesellschafterliste war nach wie vor unrichtig, die Zuordnung eines Widerspruchs war nicht beantragt und Klage auf Einreichung einer aktualisierten Gesellschafterliste hatte der Betroffene nicht eingereicht. Kurz um: er war völlig schutzlos. Die Entscheidung betont die Bedeutung der (richtigen) Gesellschafterliste. Wer Gesellschafter ist, ohne in der Gesellschafterliste eingetragen zu sein, sollte schnell agieren:

Zunächst sollte die Zuordnung eines Widerspruchs im Handelsregister veranlasst werden. Denn nur der Widerspruch kann den guten Glauben an den Inhalt der Gesellschafterliste erschüttern. Der Widerspruch wird vom Registergericht nur zugeordnet, wenn derjenige, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet, die Zuordnung des Widerspruchs bewilligt. Lehnt er das ab, muss der Anspruch auf Zuordnung eines Widerspruchs mit einer einstweiligen Verfügung gerichtlich geltend gemacht werden. Die einstweilige Verfügung wird vom Gericht erlassen, wenn der Anspruchssteller seinen Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Liste und damit seine wahre Gesellschafterstellung glaubhaft machen kann.

Die Zuordnung des Widerspruchs allein ist jedoch nicht ausreichend. Der einzutragende Gesellschafter muss zusätzlich die Gesellschaft auffordern – und notfalls per Klage zwingen - eine aktualisierte Gesellschafterliste einzureichen. Unterlässt er das, könnte sein Geschäftsanteil in der Zwischenzeit von einem Dritten gutgläubig „wegerworben“ werden. Denn der gutgläubige Erwerb ist - innerhalb der ersten drei Jahre der Unrichtigkeit der Gesellschafterliste dann möglich, wenn die Unrichtigkeit dem wahren Berechtigten zuzurechnen ist. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Erforderlich ist jedenfalls, dass der Berechtigte die Unrichtigkeit der Liste mitveranlasst oder jedenfalls mit zu verantworten hat. Ist die Gesellschafterliste länger als drei Jahre unrichtig, kommt es auf eine Zurechnung gar nicht mehr an; der gutgläubige Erwerb vom Eingetragenen ist dann ohne Einschränkungen möglich. In diesem Fall hilft nur der Widerspruch; solange der Widerspruch eingetragen ist, lässt sich ein gutgläubiger Erwerb verhindern. Erst die Löschung des Wider-spruchs selbst beseitigt die Sperrwirkung gegen einen gutgläubigen Erwerber.

Dr. Barbara Mayer
Lisa Werle

Dieser Blogbeitrag erscheint ebenso im Haufe Wirtschaftsrechtsnewsletter.

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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