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Digital Services Act: Neue Pflichten für viele Online-Dienste bereits ab dem 17. Februar 2023

Es ist höchste Zeit zu prüfen, ob ein Online-Dienst als „Online-Plattform“ im Sinne des Digital Services Act (Gesetz über digitale Dienste, DSA) zu qualifizieren ist. Die Definition von „Online-Plattform“ ist vage und sehr weit gefasst. Bußgelder können bis zu 6% des weltweiten Jahresumsatzes betragen. Einige der neuen Pflichten gelten bereits ab dem 17. Februar.

Es scheint, dass viele Betreiber von Online-Diensten dem DSA immer noch weniger Aufmerksamkeit schenken, als sie das sollten. Der DSA wird ein echter „Game Changer“ sein - für „Online-Plattformen“ mehr noch als für andere Vermittlungsdienste. In diesem Beitrag geht es darum, was eine Online-Plattform kennzeichnet.

Eine Online-Plattform ist - leicht vereinfacht - definiert als ein Hosting-Dienst, der im Auftrag eines Nutzers des Dienstes Informationen speichert und öffentlich verbreitet (es sei denn, diese Tätigkeit stellt eine bloß unbedeutende und reine Nebenfunktion des Hosting-Dienstes dar). Ein Hosting-Dienst wiederum ist jeder Dienst, der von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in dessen Auftrag speichert.

Das Problem mit dieser Definitionen ist, dass sie so allgemein bzw. weit gefasst sind: So gut wie alles, was ein Nutzer eines Online-Dienstes tut, hat etwas mit Informationen zu tun, die irgendwo gespeichert sind. Nutzer geben ihren Namen und ihre Kontaktdaten in ein Webformular ein, wählen einen Benutzernamen, hinterlassen Kommentare auf einer Website, rezensieren und bewerten Produkte in einem Online-Shop, kommunizieren mit anderen in einem Chat, speichern Präferenzen für ihre Nachrichten-Websites, passen Avatare in einer virtuellen Welt an, bauen Welten oder interagieren auf andere Weise mit einem Online-Spiel. Unternehmen können ihre Profile bei einem Lieferdienst, Details zu ihren Fahrzeugen in einer Taxi-App oder ihre Produkte auf einem Online-Marktplatz einstellen. Die meisten dieser Informationen werden irgendwo vom Betreiber eines solchen Dienstes gespeichert. Und wie oben ausgeführt, ist ein Hosting-Dienst ein Dienst, der von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in dessen Auftrag speichert (die Definition eines Hosting-Dienstes ist fast identisch mit derjenigen, die in der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr eingeführt wurde - in der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr gibt es einige Rechtsprechung zur Definition von Hosting-Diensten, aber nicht viel, was helfen würde, diese sehr breite Definition einzugrenzen). Hinzu kommt: Auch Anbieter, die sich bisher nicht auf den Haftungsausschluss des Host-Provider-Privilegs berufen konnten, weil sie sich fremde Inhalte zu eigen machen, können von den Sorgfaltspflichten als Hosting-Dienstanbieter betroffen sein.

Sobald diese Informationen nicht nur gespeichert, sondern mit der Öffentlichkeit geteilt werden, könnte der Dienst sogar als Online-Plattform qualifiziert werden. Für Online-Plattformen enthält der DSA viele neue Pflichten. Die meisten davon sind erst bis Februar 2024 zu erfüllen, einige aber schon ab dem 17. Februar 2023 - insbesondere muss die durchschnittliche Anzahl der monatlich aktiven Nutzer veröffentlicht werden (sehr große Online-Plattformen mit 45 Millionen oder mehr aktiven Nutzern sind eine weitere Kategorie mit weitaus aufwändigeren Pflichten). Ab Februar 2024 gelten alle auch anderen Pflichten. Für Online-Plattformen gehören dazu die Verpflichtung, ein internes Beschwerdemanagementsystem und ein System zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten einzurichten, Meldungen problematischer Inhalte durch vertrauenswürdige Hinweisgeber zügig und vorrangig zu behandeln, Schutzmaßnahmen gegen Missbrauch der Online-Dienste zu ergreifen, Transparenz-Berichtspflichten, Beschränkungen für die Gestaltung und Organisation von Online-Schnittstellen (einschließlich Beschränkungen sogenannter „Dark Patterns“) zu beachten, hinzu kommen Regelungen für die Werbung auf Online-Plattformen (mit Beschränkungen für personalisierte Werbung, die teilweise strenger sind als die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung), Regelungen über die Transparenz von Empfehlungssystemen sowie den Schutz von Minderjährigen.

Die Erfüllung einiger dieser Verpflichtungen kann recht aufwändig sein. Sie erfordern einen sehr hohen Umsetzungsaufwand, da - je nach Dienst - möglicherweise die Kernprozesse überprüft werden müssen.

Es scheint auch, dass die Definition der Online-Plattform weiter gefasst ist als beabsichtigt und vom Wortlaut her Dienste umfasst, die der Gesetzgeber nicht im Sinn hatte. Unternehmen sind daher gut beraten, sorgfältig zu prüfen, ob es sich bei den von ihnen angebotenen Diensten tatsächlich um solche einer Online-Plattform handelt, und dabei die einzelnen Funktionen genau zu betrachten. Dies kann eine rechtliche Analyse erfordern, z. B. wenn die gespeicherten Informationen aus Elementen bestehen, die vom Betreiber des Dienstes bereitgestellt werden und wenig Raum für Missbrauch lassen, wenn der Diensteanbieter die Kontrolle über die gespeicherten oder verbreiteten Informationen ausübt, oder wenn es um die Frage geht, ob eine „Verbreitung“ tatsächlich „öffentlich“ ist und „im Auftrag“ des Nutzers erfolgt. Eine sorgfältige Analyse muss unter Umständen auch eine technische Analyse umfassen, z. B. welche Art von Informationen tatsächlich gespeichert wird und wo. Und schließlich sollte geprüft werden, ob die Ausnahmeregelung für „unbedeutende und reine Nebenfunktionen“ angewendet werden kann.

Diese Bewertungen müssen individuell vorgenommen werden: In einigen Online-Shops kann beispielsweise das Bewertungssystem wichtiger sein als in anderen, „Replays“ von Online-Spielen können nur auf dem PC des Nutzers gespeichert werden, während andere sie auf dem Server speichern und den Nutzern erlauben, sie weiterzugeben, und der Einfluss, den ein Dienstbetreiber auf die von ihm gespeicherten und weitergegebenen Informationen ausübt, kann sehr unterschiedlich sein.

ADVANT wird am 16. Februar 2023 um 17:00 Uhr MEZ ein englischsprachiges Webinar zum Digital Services Act veranstalten: Webinar registration | Microsoft Teams

Dr. Andreas Lober

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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