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Der „perfekte Sturm“ für die kommende Bilanzsaison? Vorsicht vor außerplanmäßigen Abschreibungen („impairments“) in den Bilanzen

Hintergrund

Mehrere Medien veröffentlichen zunehmend Beiträge, in denen von dem „perfekten Sturm“ gesprochen wird, der auf die Wirtschaft in den nächsten Monaten zukommt.

Demnach setzt vor allem der gefährliche Mix aus Energiekrise, Lieferkettenprobleme, Inflation sowie erhöhten Kreditzinsen die deutsche Wirtschaft und somit die Unternehmen erheblich unter Druck (u.a. Artikel im Finance Magazin vom 4.11.2022).

Diese Auswirkungen sind vor allem seit Beginn der Ukraine Krise im Frühjahr 2022 spürbar. Auch wenn die hieraus resultierenden Probleme im Liquiditätsbereich die Unternehmen bereits jetzt vor erhebliche Herausforderungen stellen dürften, so sind vermutlich daraus ergebende Auswirkungen auf die Ertragslage (nachgelagert) noch gar nicht vollständig berücksichtigt. Dies resultiert daraus, dass der Beginn des Ukraine Krieges und dessen Folgen nach Auffassung des Instituts der Wirtschaftsprüfer als wertbegründendes Ereignis noch keine bilanziellen Auswirkungen in der Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 2021 haben konnte.

Die zum Kalenderjahr bilanzierenden Unternehmen haben sich somit erst zum 31. Dezember 2022 auf erhebliche Werthaltigkeitsüberprüfungen im Rahmen der Bilanzaufstellung und Prüfung einzustellen. Dies betrifft vor allem den Bereich von gehaltenen Beteiligungen in den Jahresabschlüssen und/oder ausgewiesenen Geschäfts- und Firmenwerten in Jahres- und/oder Konzernabschlüssen. Kann der Nachweis der Werthaltigkeit nicht erbracht werden, drohen außerpanmäßige Abschreibungen zum Jahresende in erheblicher Höhe. Neben dem Verlustausweis drohen u.a. auch finanzielle Covenants gerissen zu werden.

Die Unternehmen werden aufgrund der derzeitigen schwierigen Lage vermutlich kurz- bis mittelfristig deutlich geringere Überschüsse erwarten; zudem sorgt der steigende Zinssatz auf den Kapitalmärkten zu tendenziell niedrigeren Barwerten dieser Überschüsse. Diese beiden Effekte sind das Hauptproblem der Nachweisführung zur Werthaltigkeit. Denn im Falle von bilanzierten Beteiligungen und Geschäfts- und Firmenwerten kann der Nachweis im Regelfall nur durch ein zukunftsorientiertes Ertragswert- oder DCF Verfahren erfolgen. Hierbei haben eben c.p. sinkende finanzielle Überschüsse und/oder höhere Kapitalisierungszinssätze jeweils eine Reduzierung des Wertes zur Folge. Wenn sich nun beide Faktoren „negativ“ entwickeln, ist das „Drohpotential“ offensichtlich.

Hinweise und Möglichkeiten für die Praxis

Vor dem Hintergrund des baldigen Abschlussstichtags zum 31. Dezember 2022 und der dann in der Regel nur kurzen Frist zur Aufstellung von Jahres- und oder Konzernabschlüssen sollten die Unternehmen sehr zeitnah den Prozess zur Nachweisführung der Werthaltigkeit überdenken. Auch eine frühe Kommunikation mit dem Abschlussprüfer ist empfehlenswert.

Ein hinreichender Nachweis zur weiterhin bestehenden Werthaltigkeit von Beteiligungen und/oder Geschäfts- und Firmenwerte lässt sich oftmals durch ein Verkehrswertgutachten belegen.

In einem solchen Verkehrswertgutachten sind nämlich nicht nur kurz- und mittelfristige Prognosen einzubeziehen, sondern auch vor allem die langfristige Perspektive des Bewertungsobjektes (als sogenannter „eingeschwungener Zustand“) zu berücksichtigen. Gerade im Bereich von Unternehmensbewertungen macht der langfriste, nachhaltige Ergebnisbeitrag ca. 80% des Unternehmenswertes aus. Hierzu sind allerdings neben rein unternehmensbezogenen Einschätzungen auch Markt- und Wettbewerbsanalysen vorzunehmen. In Situationen, in denen zwar kurz- bis mittelfristig mit einem Ergebnisrückgang gerechnet wird, aber langfristig vor allem das Geschäftsmodell nicht leidet, kann eine Abwertung oftmals vermieden werden. Sind die Unsicherheiten hingegen auch in Folge direkter Geschäftsbeziehungen zu Russland und/oder der Ukraine erheblich, kann diesem durch erweitere Szenario Analysen begegnet werden.

Auch der Einfluss allein erhöhter Kapitalmarktzinssätze auf den Diskontierungszinssatz sollte kritisch analysiert werden. Im Regelfall wird bei Unternehmensbewertungen, z.B. nach dem IDW S 1, der Diskontierungszinssatz aus dem CAPM-Model entwickelt. Hierzu ist der seit Jahresbeginn angestiegene risikolose Basiszinssatz (von ca. 0,1% zu Beginn des Jahres auf derzeit ca. 1,4%), abgeleitet aus den deutschen Staatsanleihen, zwar einer der relevanten Parameter. Gleichsam sind jedoch auf Marktrisikoprämie, Beta-Faktor und der Wachstumsabschlag von wesentlicher Bedeutung und können gegebenenfalls den Anstieg des risikolosen Basiszinssatzes im Einzelfall kompensierend entgegenstehen.

Alexander Thees

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