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Ablösung einer Pensionszusage durch einen Dritten

BFH, Urteil vom 18. August 2016, VI R 18/13, DStR 2016, 2635

Hintergrund

Mit dem Urteil vom 12. April 2007 (VI R 6/02) hatte der VI. Senat des BFH entschieden, dass die entgeltliche Ablösung einer vom Arbeitgeber erteilten Pensionszusage durch einen Dritten beim Arbeitnehmer zum Zufluss von Arbeitslohn führen kann. Das den Zufluss auslösende Element in dem entschiedenen Fall war, dass der Arbeitnehmer ein Wahlrecht auf Auszahlung des Ablösungsbetrags an sich oder den Dritten hatte und mit dessen Ausübung über den Anspruch wirtschaftlich verfügte. Die Sache stellte sich wirtschaftlich betrachtet so dar, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Betrag zur Verfügung gestellt und dieser ihn zum Erwerb einer Zukunftssicherung verwendet habe. Der Anspruch wurde vorzeitig erfüllt. Die Tatsache, dass die Zahlung auf Verlangen des Arbeitnehmers an den Dritten erfolgte, stellte lediglich eine Nutzungsbeschränkung dar, die auf den Zufluss keinen Einfluss haben konnte, da sie die Vermögensverwendung betraf.

Mit dem neuerlichen Urteil aus 2016 grenzt sich der BFH von seinem Urteil aus 2007 ab.

Entscheidungssachverhalt

Der Kläger war Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer einer GmbH (A-GmbH), die ihm in der Vergangenheit eine Pensionszusage erteilt hatte. Im Vorgriff auf die geplante Veräußerung seiner Geschäftsanteile gründete der Kläger eine weitere GmbH (B-GmbH) mit ihm als alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer.

Da der Erwerber der Geschäftsanteile die Pensionszusage des Klägers nicht übernehmen wollte, vereinbarte die B-GmbH mit der A-GmbH, alle Rechte und Pflichten aus der dem Kläger gewährten Pensionszusage gegen Zahlung einer Vergütung zu übernehmen. Der Kläger stimmte der Übertragung zu. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht waren der Ansicht, dem Kläger sei mit der Zahlung des Ablösungsbetrags von der A-GmbH an die B-GmbH Arbeitslohn zugeflossen.

Entscheidung des BFH

Der BFH beurteilte dies anders und gab der Klage statt. Das Gericht hatte erneut darüber zu entscheiden, ob es im Rahmen der Übernahme der Pensionszusage zu einem Zufluss von Arbeitslohn bei dem Kläger gekommen war. Dies verneinte der BFH mit der Begründung, dass die Zahlung der Ablösung nicht zu einer Erfüllung des Pensionsanspruchs des Klägers geführt habe.

Klargestellt wurde zunächst, dass die Erteilung der Direktzusage durch die A-GmbH nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn führe. Bei einer Direktzusage komme es erst zum Zufluss, wenn die Zahlung der Versorgungsleistungen erfolge. Zuvor bestehe lediglich ein nicht erfüllter Anspruch, der bei dem Kläger keinen Vermögenswert darstelle.

Anschließend stellte der BFH fest, dass auch die Übernahme der Direktzusage durch die B-GmbH hieran nichts ändere. Dem Kläger stehe weiterhin lediglich der nicht erfüllte Anspruch auf zukünftige Versorgungsleistungen zu; lediglich der Schuldner habe gewechselt. Es wurde insbesondere auch kein weiterer unmittelbarer und unentziehbarer Rechtsanspruch gegen einen Dritten verschafft. Die Verfügungsmacht über den Ablösebetrag hätte der Kläger – anders als in dem Fall aus 2007 – zu keinem Zeitpunkt erlangt.

Eine Verfügungsmacht darin zu sehen, dass der Kläger als alleiniger Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter faktisch allein über die Pensionszusage entscheiden könne, widerspräche dem Trennungsprinzip zwischen einer Kapitalgesellschaft als selbstständigem Rechtsträger und ihren Gesellschaftern. Weiter begründe auch die Zustimmung des Klägers zur Übertragung der Pensionsverpflichtung keine Verfügungsmacht, sondern stelle lediglich die Voraussetzung für die Befreiung der A-GmbH von der Pensionsverpflichtung dar.

Fazit und Folgen für die Praxis

Die Entscheidung hat für (beherrschende) Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen der Nachfolgeplanung Bedeutung. Nachdem das Urteil des BFH aus 2007 erhebliche Unsicherheit mit sich brachte, ob es durch die Übertragung der Pensionszusage des Gesellschafter- Geschäftsführers auf eine von diesem allein beherrschte und geführte Gesellschaft zu einem Lohnzufluss komme, wurde die Idee der sog. Rentnergesellschaft weitestgehend begraben. Mit dem neuerlichen Urteil des BFH aus 2016 lebt die „Rentnergesellschaft” wieder auf. Der BFH stellt klar, dass ein Lohnzufluss dann nicht vorliegt, wenn dem Arbeitnehmer keine Verfügungsmacht über den Ablösebetrag zur Übernahme der Pensionszusage eingeräumt wird. Allein die beherrschende Stellung des Gesellschafter-Geschäftsführers reiche nicht aus, um von einer derartigen Verfügungsmacht auszugehen.

Eine Folge, die aus dem Urteil des BFH nicht gezogen werden kann – im Schrifttum aber teilweise vertreten wird – ist, dass auch die Übertragung einer Direktzusage auf einen Pensionsfonds gegen Zahlung eines Beitrags keinen Zufluss von Lohn darstellt, soweit dem Arbeitnehmer kein Verfügungsrecht eingeräumt wird. Bei der Erteilung einer Pensionsfondszusage durch den Arbeitgeber handelt es sich nicht um eine Schuldübernahme, sondern um einen Schuldbeitritt in Person des Pensionsfonds mit der Prämisse, dass der Arbeitgeber nunmehr lediglich subsidiär für die Erfüllung der Pensionszusage haftet. Der Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Pensionsfonds zur Übernahme der Pensionsverpflichtung stellt einen Vertrag zugunsten Dritter dar, in welchem dem Arbeitnehmer ein eigener unentziehbarer Anspruch auf Versorgung gegen den Pensionsfonds gewährt wird. Durch Leistung des Pensionsfondsbeitrags wird dieser Anspruch erfüllt und führt zum Lohnzufluss, der nach § 3 Nr. 66 EStG nur dann lohnsteuerfrei ist, wenn der Arbeitgeber einen Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG auf Verteilung des Abzugs des Pensionsfondsbeitrags als Betriebsausgabe auf mehrere Jahre stellt.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Frau

Teresa Werner.

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