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Und täglich grüßt der Influencer: OLG Köln mit strenger Entscheidung zur Werbekennzeichnung

Nahezu regelmäßig werden mittlerweile Entscheidungen von Oberlandesgerichten (OLG) zu Influencern und der Kennzeichnung von Werbung in ihren Posts veröffentlicht. Diese Rechtsprechung ist allerdings durchaus vielfältig, was nicht nur daran liegt, dass die beanstandeten Beiträge höchst unterschiedlich sind – sondern auch an der mitunter deutlich abweichenden rechtlichen Beurteilung dieser Fälle durch die verschiedenen OLG.

Zuletzt war vor allem das OLG München (Urt. V. 25.6.2020 – 29 U 2333/19, Cathy Hummels) durch eine deutlich liberale Haltung zugunsten von Influencern aufgefallen; dieses Verfahren ist mittlerweile beim Bundesgerichtshof (BGH) anhängig. Nunmehr hat das OLG Köln in einer aktuellen Entscheidung wiederum eine eher restriktive Auffassung vertreten (Urt. v. 19.02.2021 – 6 U 103/20, Diana zur Löwen).

Worum geht es?

Im Kern geht es nahezu immer um die gleiche Fragestellung: Durfte der jeweilige Beitrag genau so dargestellt werden, also in der Regel ohne besondere Kennzeichnung dahingehend, dass es sich um Werbung handelte?

Ausgangspunkt ist das sogenannte „Trennungsgebot“ zwischen redaktionellen Inhalten und Werbung, § 5a Abs. 6 UWG. Dieses gilt auch in sozialen Medien. Vereinfacht dargestellt besagt es: Stellt ein Beitrag eine „geschäftliche Handlung“ dar und hat einen kommerziellen Zweck, muss dies kenntlich gemacht werden. Dies gilt nur dann nicht, wenn sich der kommerzielle Zweck bereits unmittelbar aus den Umständen des Beitrags ergibt. Wird das Trennungsgebot verletzt, liegt eine unlautere und damit abmahnfähige Handlung vor.

In Fällen wie dem vorliegenden ist üblicherweise umstritten

  • wann eine „geschäftliche Handlung“ vorliegt,
  • wann ein kommerzieller Zweck vorliegt,
  • ob sich ggf. der kommerzielle Zweck nicht bereits aus den Umständen ergibt, beispielsweise aus der „Aufmachung“ des Beitrags oder weil Follower von Influencern möglicherweise allgemein wissen, dass Influencer auch für eigene oder fremde Produkte werben.

Welchen Fall hat das OLG Köln entschieden?

Bei der Beklagten im Fall des OLG Köln handelt es sich um eine bekannte Influencerin, die u.a. auf Instagram und YouTube aktiv ist und beispielsweise bei YouTube über 600.000 Abonnenten hat. Sie hatte auf Instagram diverse Posts mit Bildern von sich veröffentlicht, die Modeartikel und -accessoires zeigten und mehr oder weniger informative Begleittexte aufwiesen. Darin hatte sie diverse Unternehmen (Hersteller von Bekleidung, Dienstleister für Fotoshootings oder Körperstyling) „getagged“. Die Namen dieser Unternehmen waren in den Tags zu lesen; beim Anklicken der Tags wurden Nutzer auf die jeweiligen Profilseiten dieser Unternehmen geführt.

Die Beklagte unterlag sowohl vor dem Landgericht wie auch dem OLG Köln.

Geschäftliche Handlung

Nach Auffassung des OLG Köln lag eine geschäftliche Handlung vor. Dass die Beiträge der Beklagten auch redaktionelle Inhalte aufwiesen (also einen gewissen Informationsgehalt hatten), stünde dem nicht grundsätzlich entgegen, wenn sie ihre Tätigkeit (zumindest) mittelbar durch Werbung finanziere:

„Da die Beklagte vorliegend unstreitig ihre Tätigkeit durch die Gegenleistung von Unternehmen, seien es Kooperationen (die jedenfalls für die Vergangenheit eingeräumt wurden), Einladungen und Gratisprodukten finanziert, fördert sie jedenfalls ihr eigenes Unternehmen (…), und zwar auch dadurch, dass sie auf künftige Kooperationen durch ihre Bloggertätigkeit im produktnahen Bereich hofft.“

Für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung genüge es, wenn kommerzielle Zwecke objektiv gefördert oder begünstigt würden. Bei nachweislichen Entgelten oder anderen Gegenleistungen sei dies eindeutig. Ohne konkreten Nachweis komme es auf eine Abwägung an: Dient eine Veröffentlichung vorwiegend der Information oder vorwiegend der Förderung von Absatzzwecken?

Für die Beantwortung dieser Frage komme es mit der Rechtsprechung anderer OLG üblicherweise auf Indizien an (welche Indizien für die Annahme einer Werbeabsicht vorliegen müssten, sei aber noch nicht abschließend geklärt). Solche Indizien könnten vor allem sein:

  • Eingebettete Tags mit Verlinkung zu Herstellerseiten
  • Eine hohe Anzahl von Followern

Gegen eine geschäftliche Handlung spreche nicht, dass die Posts ggf. auch das Informationsinteresse der Follower an dem Leben und den Modeinteressen der Beklagten befriedige.

Vorliegen eines kommerziellen Zwecks

Würden eigene oder fremde Absatzinteressen objektiv gefördert, könne die für einen kommerziellen Zweck notwendige „Werbeabsicht“ bei dem Vorliegen entsprechender Indizien – wie bei der geschäftlichen Handlung, s.o. – zunächst vermutet werden.

Für eine Widerlegung dieser Vermutung komme es immer auf eine Abwägung im Einzelfall an: Ein geringer redaktioneller Anlass eines Beitrags schließe nicht bereits das kommerzielle Interesse aus, ebenso wenig bedeute umgekehrt jedes nachgewiesene Entgelt bereits eine Unlauterkeit.

Zwar genieße auch die Kommunikation über Instagram-Accounts den Schutz „des Art. 5 Abs. 1 GG“ (unklar ist, ob das Gericht hier die Meinungsfreiheit oder auch die institutionellen Freiheiten wie Presse- oder Rundfunkfreiheit meint). Auch in diesem Rahmen seien jedoch „Abstufungen“ hinsichtlich der Art der Beiträge möglich.

Verkürzt dargestellt: Die Frage, ob die Vermutung eines kommerziellen Zwecks widerlegt werden kann, also auch davon abhängen, wie informativ der Beitrag ist und wie die Links diese Informationsvermittlung unterstützen bzw. dazu notwendig sind – oder ob der jeweilige Beitrag eher der Unterhaltung bzw. Werbung dient.

Bemerkenswert ist, dass das OLG Köln sich zu einem Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums zu einer Änderung des § 5a Abs. 6 UWG äußerte. Diesen hatte augenscheinlich die Beklagte zur Unterstützung ihrer Argumentation vorgebracht:

„Nach diesem Vorschlag hätte der Kläger vorzutragen und zu beweisen, dass die Postings der Beklagten bezahlt waren.

Die Regelung des Referentenentwurfs stellt noch kein geltendes Recht dar, ist also für die Lösung des Falles nicht heranzuziehen. Die dort gewählte Grundannahme ist aber nach Auffassung des Senats nicht angemessen.“

Insbesondere sei fraglich, ob dieser Vorschlag EU-richtlinienkonform sei. Für den vorliegenden Fall gelte jedenfalls weiterhin, dass der Beklagte die Vermutung entkräften müsse – und nicht umgekehrt.

Kenntnis der Follower von kommerziellem Zweck

Das OLG Köln ließ auch nicht ausreichen, dass die Follower der Beklagten (nach deren Darstellung) wüssten, dass Influencer häufig durch Werbekooperationen finanziert werden. Dieses „allgemeine Wissen“ schließe weder die gesetzliche Kennzeichnungspflicht aus noch mache das Umfeld der Veröffentlichung eine Kennzeichnung entbehrlich.

Was bedeutet das Urteil für die Praxis?

Das Urteil fügt der strengen Rechtsprechung einiger OLG eine weitere Stimme hinzu. Tendenziell werden werbliche Posts von Influencern damit weiterhin eher streng beurteilt.

Da der BGH hierzu noch nicht entschieden hat und nicht auszuschließen ist, dass er sich der strengeren Rechtsprechung einiger OLG anschließt, sollten Influencer bei ihren Posts einige Punkte beachten.

  • Liegt ein wie auch immer gearteter „kommerzieller Zweck“ vor, der nicht von vornherein eindeutig erkennbar ist? Ist der Post geeignet, die geschäftlichen Interessen des Influencers oder Dritter zu fördern? Dann sollten Posts vorsorglich – und deutlich lesbar – gekennzeichnet werden.
  • Wie diese Kennzeichnung aussehen muss, ist abhängig von dem jeweiligen Format (Video, Bild, Blog etc.) und Inhalt. Im Zweifel kann der deutlich lesbare Hinweis "Werbung" oder „Anzeige“ am Anfang eines Posts oder während der gesamten Dauer eines Videos nicht schaden.
  • Eine Kennzeichnung kann auch dann notwendig sein, wenn keine zusätzliche Gegenleistung, bspw. in Form eines Entgelts, erfolgt – sondern dem Influencer nur das beworbene Produkt überlassen wird.
  • Auch die Zurverfügungstellung geringwertiger Gegenstände kann eine Kennzeichnungspflicht auslösen.
  • Eine einseitige und übermäßige Herausstellung von Produkten kann ebenfalls eine Kennzeichnungspflicht auslösen – selbst wenn dies nur mit Blick auf künftige Kooperationen erfolgt.

Unternehmen, die mit Influencern arbeiten, sollten ebenfalls auf eine Einhaltung dieser Grundsätze achten. Insbesondere wenn Unternehmen Influencer mit Werbung im weiteren Sinne „beauftragen“, kann ihnen ein Wettbewerbsverstoß des Influencers möglicherweise zuzurechnen sein – und damit ebenfalls Unterlassungs- und im Einzelfall auch Schadensersatzansprüche auslösen. Zu beachten ist auch, dass eine Rückforderung von Zahlungen (oder anderen Leistungen), die von dem Unternehmen an den Influencer geleistet wurden, aufgrund der unlauteren Werbung gesetzlich im Einzelfall ausgeschlossen sein kann.

Was könnte sich gesetzlich ändern?

Die Bundesregierung hat im Januar 2021 einen Gesetzentwurf verabschiedet, nach dem ein kommerzieller Zweck „bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens“ nicht vorliegt, „wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung (…) erhält oder sich versprechen lässt“. Der Erhalt oder das Versprechen werden dabei zunächst vermutet, sofern der Handelnde nicht glaubhaft macht, dass er keine Gegenleistung erhalten hat.

Influencer bräuchten hiernach nicht zu beweisen, dass sie kein Entgelt oder Gegenleistung erhalten haben, sondern müssten dies nur „glaubhaft“ machen. Dies könnte ggf. auch durch eine eigene Versicherung des Influencers an Eides statt erfolgen – eine Nachweis durch das beworbene Unternehmen wäre nicht notwendig. Der Begriff der "ähnlichen Gegenleistung" soll allerdings nach der Gesetzesbegründung recht weit sein und insbesondere auch Provisionen, Produkte, die der Influencer behalten darf, Pressereisen, Stellung von Ausrüstung oder Kostenübernahmen erfassen. „Die bloße Steigerung der eigenen Bekanntheit“ hingegen soll nicht als Gegenleistung gewertet werden können.

Weiterhin soll eine geschäftliche Handlung nur noch dann vorliegen, wenn diese „unmittelbar“ mit einer Absatzförderung zusammenhängt. Mit diesem Kriterium sollen offenbar gerade Fälle „entschärft“ werden, in denen Influencer ein Produkt besonders bewerben, hierfür aber keine Gegenleistung erhalten. Damit fördern sie – nach Auffassung der Bundesregierung – eben nur mittelbar auch eigene Zwecke, bspw. in Hoffnung darauf, dass die beworbenen Unternehmen künftig eine Kooperation mit dem Influencer eingehen. Dieses Kriterium dürfte, sofern der Entwurf wie vorgeschlagen umgesetzt wird, Gegenstand neuerlicher gerichtlicher Auseinandersetzungen werden.

Der Gesetzentwurf ist damit geeignet, die Regelungen für Influencer in gewissem Umfang zu entschärfen – ein „sicherer Rechtsrahmen“ (Bundesregierung) dürfte damit aber weiterhin nicht vollständig verbunden sein.

Medienrechtliche Kennzeichnungspflichten nicht vergessen

Zum Schluss noch ein Hinweis: Das Urteil des OLG Köln stützt sich auf eine Verletzung von Wettbewerbsrecht. Kennzeichnungspflichten können sich jedoch auch aus den medienrechtlichen Vorschriften des Medienstaatsvertrags (MStV) ergeben. Selbst wenn also Mitbewerber oder Verbraucherschutzverbände eine mangelnde Kennzeichnung nicht abmahnen, kann es durchaus dazu kommen, dass Landesmedienanstalten gegen Influencer aufgrund der Verletzung dieser medienrechtlichen Vorschriften vorgehen.

*Influencerwerbung kann viele Formen und Inhalte haben. Wenn Sie hierzu Fragen haben, können Sie sich gerne jederzeit an unsere Experten wenden.

Dr. Florian Jäkel-Gottmann

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Influencer Werbung Kennzeichnungspflicht OLG Köln Haftung der Unternehmen