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Mein Wochenende habe ich zum Teil im Keller verbracht, Wasser rauspumpen, vollgesaugte Kartons entsorgen, Gegenstände trocknen… Das Hochwasser ist in einigen Regionen Deutschlands dramatisch. Menschen kämpfen um ihr Leben und ihre Existenz. Unser Keller in München wurde dabei nur im geringen Umfang vom Wasser überflutet. Bei meiner sonntäglichen Kellerarbeit habe ich mir dennoch Gedanken gemacht, was arbeitsrechtlich im Zusammenhang mit Naturkatastrophen zu beachten ist.

Liebe Leserin, lieber Leser,

Naturkatastrophen und deren Auswirkungen sind in Standard-Arbeitsverträgen (noch) nicht geregelt. Es wird deshalb auf die allgemeinen (gesetzlichen) Regelungen zurückgegriffen. Dieser Blog zeigt ein paar Grundsätze von Naturkatastrophen wie z.B. Hochwasser auf, die Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben.

Schutz von Besitz und Eigentum der Arbeitnehmer

Arbeitnehmer, die von einer Naturkatastrophe persönlich betroffen sind, möchten / müssen ihren Besitz und ihr Eigentum schützen. Das ist – wie in meinem Fall – unproblematisch, wenn die Schutz- oder Aufräumarbeiten an einem Sonntag, jedenfalls außerhalb der Arbeitszeit erfolgen können. Wenn Tätigkeiten zum Schutz von Besitz und Eigentum oder Leib und Leben im Zusammenhang mit einer Naturkatastrophe und deren Folgen während der Arbeitszeit stattfinden sollen / müssen, stellt sich die Frage, ob eine Freistellungs- und Vergütungspflicht gegenüber dem Arbeitgeber besteht.

In § 616 BGB ist die vorübergehende Verhinderung geregelt. Wie bei Arztbesuchen ist ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeitspflicht nur möglich, wenn der Arztbesuch nicht auch außerhalb der Arbeitszeit stattfinden kann. Bei Naturkatastrophen und deren Folgen bedeutet dieser Grundsatz: Vorbereitende Maßnahmen, beispielsweise das Füllen von Sandsäcken oder die Verlagerung von Gegenständen aus dem Keller in den zweiten Stock bei Ankündigung von stärkeren Regenfällen in den nächsten Tagen und einem möglichen Hochwasser ist nicht ganz so zeitkritisch und kann außerhalb der Arbeitszeit erfolgen. Maßnahmen zur Bekämpfung eines Hochwassers, wenn beispielsweise der Damm gebrochen ist, zum Schutz von Besitz und Eigentum kann häufig nicht warten. Dann wäre eine Freistellung von der Arbeitspflicht zulässig.


Es gilt der Grundsatz „Kein Lohn ohne Arbeit“. Dies bedeutet, dass ein Vergütungsanspruch nur dann besteht, wenn auch die Arbeitsleistung erbracht wird. § 616 BGB ist bei vorübergehender Verhinderung eine Ausnahme und der Vergütungsanspruch bleibt bestehen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit – Bei Naturkatastrophen und deren Folgen ist das allenfalls wenige Tage.
  • Aufgrund eines persönlichen Grundes – Naturkatastrophen betreffen nicht nur eine einzelne Person, sondern viele Personen oder ganze Regionen. Ein persönlicher Grund liegt deshalb beispielsweise nicht vor, wenn die allgemeine Infrastruktur betroffen ist, Züge nicht mehr fahren, Autobahnen gesperrt sind, etc. Es wird jedoch angenommen, dass die Folgen einer Naturkatastrophe am Besitz und Eigentum des Arbeitnehmers einen persönlichen Grund darstellen.
  • Verhinderung ohne Verschulden – Bei Naturkatastrophen trifft den Arbeitnehmer regelmäßig kein Verschulden.

Damit besteht in Eilfällen und für einen kurzen Zeitraum bei Naturkatastrophen und deren Folgen eine vorübergehende Verhinderung und damit ein Freistellungs- und Vergütungsanspruch.

Freiwillige Mitarbeiter in einer Organisation

Bei Katastrophen (wie Hochwasser, Schneemassen, Sturm, Erdbeben, etc.) sind zahlreiche Organisationen zum Katastrophenschutz im Einsatz. Beispielsweise das THW, das Deutsche Rote Kreuz, das DLRG oder die Freiwillige Feuerwehr. In diesen Organisationen sind einerseits Arbeitnehmer, im großen Umfang andererseits aber auch freiwillige Helfer / Mitarbeiter tätig. Bei diesen freiwilligen oder ehrenamtlichen Helfern handelt es sich nicht um Arbeitnehmer der jeweiligen Organisationen. Der Einsatz und die Folgen dieser freiwilligen / ehrenamtlichen Helfer sind üblicherweise in Ländergesetzen geregelt. Grundsätzlich gilt, dass im Falle von Katastrophen ein Freistellungsanspruch der ehrenamtlichen / freiwilligen Helfer gegenüber ihrem Hauptarbeitgeber für die Dauer des Einsatzes besteht. Dieser Freistellungsanspruch ergibt sich aus den Feuerwehrgesetzen für Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, für Personen beim THW nach dem THW-Helferrechtsgesetz und für sonstige Organisationen nach Katastrophenschutzgesetzen. In der Regel folgt aus diesen Gesetzen auch ein Vergütungsanspruch gegen den Hauptarbeitgeber. Der Hauptarbeitgeber kann sich die Vergütungsansprüche bei der Organisation üblicherweise erstatten lassen.

Das Wegerisiko trägt der Arbeitnehmer

Arbeitnehmer tragen das sog. „Wegerisiko“. Arbeitnehmer haben dafür zu sorgen, dass sie rechtzeitig zu Arbeitsbeginn am Arbeitsort eintreffen und zur Arbeitsleistung zur Verfügung stehen. Der Arbeitgeber ist nicht verantwortlich für das Wetter, Staus oder Einschränkungen im öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Arbeitnehmer müssen mögliche und zumutbare Vorkehrungen treffen, um eine Verspätung am Arbeitsplatz zu vermeiden. Dies gilt insbesondere dann, wenn es absehbar ist, dass es zu Behinderungen und / oder Verzögerungen auf dem Arbeitsweg kommen kann. Bei einem plötzlich auftretenden Stau wegen eines Unfalls oder bei einem unerwarteten Schaden am Zug kann keine oder kaum Vorsorge des einzelnen Arbeitnehmers getroffen werden. Streiks bei Bus und Bahn sowie den Arbeitsweg beeinträchtigendes Wetter, wie Schneefälle, Eisglätte oder Hochwasser ist oft mehrere Tage, jedenfalls am Vortag bekannt. Auch beim jetzigen Hochwasser wurde Tage vorher von erheblichen Einschränkungen berichtet. Arbeitnehmern ist in diesem Zusammenhang zuzumuten – und dazu sind sie auch rechtlich verpflichtet – morgens früher loszufahren, um die wahrscheinlichen Behinderungen im Straßenverkehr zeitlich auszugleichen. Zumutbar ist sicher auch der Umstieg von den öffentlichen Verkehrsmitteln auf das Auto und umgekehrt.

Passen Sie auf sich auf.

Mit herzlichen (arbeitsrechtlichen) Grüßen aus München


Ihr Dr. Erik Schmid

Dieser Blog ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Erik Schmid im Rehm-Verlag (www.rehm-verlag.de) erschienen.

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Arbeitsvertrag Naturkatatrophen Vergütungspflicht Vergütungspflichtige Arbeitszeit

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