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Behördliche Nutzungsuntersagung berechtigt Mieter zur außerordentlichen Kündigung

Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 27.03.2023, Az.: 5 U 2520/20

Außer reinen Beschaffenheitsfehlern der Mietsache können auch behördliche Beschränkungen und Gebrauchshindernisse die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch in einer Weise aufheben oder mindern, dass sie einen Mangel i.S.v. § 536 BGB begründen.

Der Fall

Die Mieterin von Gewerberäumen erklärte gegenüber der Vermieterin die außerordentliche fristlose Kündigung, nachdem das zuständige Bauaufsichtsamt ihr gegenüber eine Nutzungsuntersagung für die angemieteten Räumlichkeiten sowie den Sofortvollzug angeordnet hatte. Gegenstand der Beanstandung waren eine unzureichende Baugenehmigung einerseits und Brandschutzmängel andererseits. Das Mietobjekt verfügte über keinen zweiten Rettungsweg. Die Mieterin räumte das Mietobjekt daraufhin noch am Tag der Kündigungserklärung und stellte die Zahlung der monatlichen Miete ein. Die Vermieterin machte die rückständigen Mieten mit der Klage geltend. Sie vertrat die Auffassung, das Mietverhältnis sei erst durch die - hilfsweise erklärte - ordentliche Kündigung beendet worden. Die Vermieterin stützte die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung auf die Tatsache, dass die beklagte Mieterin keinen Rechtsbehelf gegen die Nutzungsuntersagung eingelegt hatte.

Die Folgen

Die außerordentliche Kündigung der Mieterin ist wirksam. Das OLG Dresden folgt damit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02.11.2016 (XII ZR 153/15), wonach behördliche Beschränkungen und Gebrauchshindernisse einen Mietmangel begründen können. Ein Mietmangel ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn die Beschränkung der Nutzung auf die konkrete Beschaffenheit der Mietsache zurückzuführen ist. Die Nutzungsuntersagung darf hingegen nicht auf einen persönlichen oder betrieblichen Umstand des Mieters zurückzuführen sein. Verfolgt der Mieter mit der Anmietung der Gewerberäume mehrere Zwecke, reicht es für eine außerordentliche Kündigung aus, dass dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch hinsichtlich eines Mietzweckes entzogen wird. Der Annahme eines Mangels i.S.v. § 536 BGB steht ferner nicht entgegen, dass die Nutzungsuntersagung im Zeitpunkt der Kündigungserklärung noch nicht bestandskräftig war. Der Mieter muss vor Erklärung der Kündigung auch kein Rechtsmittel gegen die behördliche Anordnung einlegen, sofern das Risiko des Rechtsstreits mit einem ungewissen Ausgang verbunden ist und die behördliche Beanstandung außerhalb seines Einwirkungsbereiches liegt. Das OLG verzichtet ebenfalls auf das Erfordernis der Setzung einer Abhilfefrist durch den Mieter nach § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB, da diese offensichtlich keinen Erfolg versprach. Das OLG bewertet die Nichtbeseitigung der Nutzungshindernisse – trotz vorheriger bauaufsichtlicher Mitteilung – als eine endgültige Ablehnung der Abhilfe. Im Ergebnis lag nach Ansicht des OLG ein wichtiger Grund nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB vor, da der Mieterin der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache teilweise wieder entzogen wurde.

Was ist zu tun?

Um spätere mieterseitige Kündigungen zu vermeiden, sollte ein Vermieter bereits vor Abschluss eines Gewerberaummietvertrages sicherstellen, dass der vorgesehene Mietzweck mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Einklang steht. Die Nutzung des Mietobjektes muss von der Baugenehmigung gedeckt sein. Für Vermieter empfiehlt es sich daher, frühzeitig zu prüfen, ob baurechtliche Vorschriften der geplanten Nutzung entgegenstehen können. Insbesondere sollte ein Augenmerk auf brandschutzrechtliche Aspekte gelegt werden. Sind brandschutzrechtliche Mängel vorhanden, muss in der Regel mit einem schnellen Einschreiten der Behörden gerechnet werden. Die Parteien eines Gewerberaummietvertrages sollten sich darum bemühen, den Mietzweck so konkret wie möglich im Vertrag festzuhalten. Hinsichtlich bestehender Mietverträge obliegt es dem Vermieter dafür Sorge zu tragen, dass der Mieter die Mietsache während der gesamten Mietdauer vertragsgemäß nutzen kann. Sollten dennoch Nutzungshindernisse bestehen, ist ein schnelles Handeln durch den Vermieter geboten. Der Erlass eines behördlichen Nutzungsverbotes sollte vermieden werden, da bereits nicht bestandskräftige Anordnungen zur außerordentlichen Kündigung berechtigen.

Sabrina Brück

Diese Urteilsbesprechung ist zuerst erschienen in der „Immobilien Zeitung“, ADVANT Beiten kooperiert regelmäßig mit der Fachzeitung für die Immobilienwirtschaft.

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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