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Neue Freiheit bei der Vereinbarung von Planerhonoraren

- Neufassung der HOAI ab 01.01.2021 -

Zum 1. Januar 2021 ist eine Änderung der „Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen“ (HOAI) in Kraft getreten. Diese bringt neue Freiheiten für die Vereinbarung von Planerhonoraren mit sich. Kurz gesagt gibt es nun – anders als früher – für Planerleistungen keine zwingenden Mindest- und Höchsthonorare mehr. Außerdem sind die Formanforderungen für Honorarvereinbarungen mit Planern erleichtert worden.

Die entsprechenden Änderungen hat der Gesetz-/Verordnungsgeber nicht ganz freiwillig vorgenommen: Der Europäische Gerichtshof hatte mit Urteil vom 4. Juli 2019 entschieden, dass die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze für Architekten- und Ingenieurleistungen unionsrechtswidrig waren. Die nunmehr gewählte „Abhilfe“ beschränkt sich in ihren wesentlichen Grundzügen darauf, das umzusetzen. Eine Gesamtnovellierung der HOAI ist nicht erfolgt. Auch die vorgenommenen Änderungen haben jedoch erhebliche praktische Bedeutung. Insbesondere gilt nunmehr Folgendes:

  1. Die HOAI enthält zwar nach wie vor Honorartabellen für Planerleistungen. Anders als früher haben diese jedoch grundsätzlich nur noch „Orientierungscharakter“ (vgl. § 2a HOAI). Den Parteien steht es daher frei, hiervon im Rahmen der rechtlichen Grenzen, insbesondere auch bei von einer Partei vorformulierten „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ der AGB-rechtlichen Grenzen, abweichende Vereinbarungen zu treffen.
    Soweit keine (wirksame) Vereinbarung über die Höhe des Honorars getroffen wurde, gelten jedoch für die sogenannten Grundleistungen die Basishonorarsätze (entsprechen den bisherigen Mindestsätzen) der HOAI, § 7 Abs. 1 Satz 2 HOAI.

    In der Praxis bereits jetzt schon vielfach anzutreffende alternative Vergütungsmodelle, insbesondere Pauschalhonorare oder Zeithonorare, sind daher zukünftig grundsätzlich zulässig. Sie bringen nicht mehr das Risiko mit sich, dass sich hinterher eine Partei auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung berufen kann. Auch eine bisher vom Bundesgerichtshof für unzulässig gehaltene „Baukostenvereinbarung“ dürfte nunmehr möglich sein. Dabei vereinbaren die Vertragsparteien einen bestimmten Betrag als Baukosten und machen das Planerhonorar davon abhängig (und nicht von später festgestellten, ggf. davon abweichenden Kosten). Zu beachten sind aber, gerade im letztgenannten Fall, trotzdem die gesetzlichen Regelungen des BGB (§§ 650q, 650c) und der HOAI (§ 10) zu vertraglichen Änderungen des Leistungsumfangs. Diese machen im Zweifel bei aufgrund von nachträglichen Leistungsänderungen geänderten Honorargrundlagen eine Vergütungsanpassung erforderlich.
  2. Auch die Formanforderungen an Honorarvereinbarungen werden durch die Neufassung von § 7 HOAI gelockert. War bisher grundsätzlich eine schriftliche Vereinbarung „bei Auftragserteilung“ erforderlich, gibt es nun zum einen keinen maßgeblichen Zeitpunkt mehr für die Vereinbarung. Die Vereinbarung kann also auch nachträglich getroffen werden. Zum anderen bedarf die Vereinbarung nur der Textform, was z. B. eine Einigung per E-Mail ermöglicht. Mündliche Vereinbarungen sind aber nach wie vor nicht möglich. Zudem bleiben Formerfordernisse aus anderen Rechtsbereichen, z. B. Schriftformerfordernisse aus dem Kommunalrecht für öffentliche Auftraggeber, unberührt und gelten weiterhin.
  3. Fälligkeit und Abrechnung des Honorars richten sich nach dem neugefassten § 15 HOAI nunmehr grundsätzlich nach den gesetzlichen Regelungen des BGB. Prinzipiell ist daher die Vergütung zu entrichten, wenn der Auftraggeber das Werk abgenommen hat und der Auftragnehmer eine prüffähige Schlussrechnung erteilt hat (§§ 650q, 650g Abs. 4 BGB). Einwendungen gegen die Prüffähigkeit müssen vom Auftraggeber binnen 30 Tagen erhoben werden. Abschlagszahlungen können nach Maßgabe des § 632a BGB verlangt werden, wonach der Auftragnehmer Zahlungen in Höhe des Wertes der von ihm erbrachten und nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen verlangen kann.
  4. Eine Lösung für streitige Altfälle enthält die neue HOAI nicht. Sie gilt nach der maßgeblichen Übergangsregelung in § 57 HOAI nur für diejenigen Vertragsverhältnisse, die nach Ablauf des 31. Dezember 2020 begründet worden sind. Hinsichtlich der Frage, ob die bisherigen HOAI-Regelungen zu verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen weiter für „alte“ Vertragsverhältnisse maßgeblich sind, bleibt daher die angestoßene Klärung durch die Rechtsprechung abzuwarten. Der Bundesgerichtshof hat dem Europäischen Gerichtshof hierzu bereits Fragen vorgelegt.

Bewertung und Ausblick

Die jetzt vom Vorschriftengeber gewählte Lösung beschränkt sich vielfach auf das europarechtlich Notwendige. Dennoch erscheint grundsätzlich zu begrüßen, dass damit das, was in der Praxis ohnehin schon häufig zu konstatieren war, nämlich Abweichungen
vom bisherigen starren Honorarkonzept und -rahmen der HOAI, nunmehr auch rechtlich prinzipiell zulässig ist. Insbesondere Auftraggeber sollten sich der neuen Freiheiten bei der Honorargestaltung bewusst sein. Eine Hinweispflicht der Planer darauf, dass höhere oder niedrigere Honorare als die in den HOAI-Honorartafeln ausgewiesenen Honorare möglich sind, besteht nur gegenüber Verbrauchern (§ 7 Abs. 2 HOAI).

Dr. Daniel Fischer

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Architektenrecht Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)

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