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Die Krankenhausreform nimmt Gestalt an – Erste Entwürfe liefern neue Details

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) arbeitet weiter mit Hochdruck an der geplanten Krankenhausreform (lesen Sie hier unseren Blogbeitrag hierzu). Mittlerweile liegen die ersten ministeriumsinternen Arbeitsentwürfe für das „Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen“ (KHVVG) vor. Auch das Gesetz zur Förderung der Qualität der stationären Versorgung durch Transparenz“ (Krankenhaustransparenzgesetz) nimmt immer weiter Form an.

Wie bereits das im Sommer von der Bund-Länder-Runde vereinbarte Eckpunktepapier erahnen lies (lesen Sie hier unseren Blogbeitrag hierzu), ist von der einstigen Reformidee der Krankenhauskommission nicht viel übriggeblieben. Die nun geplante Reform beschränkt sich im Wesentlichen auf eine Abkehr vom System einer reinen Fallpauschale hin zur Einführung einer zusätzlichen Vorhaltevergütung. Außerdem soll die stationäre Versorgung durch die Einführung von bundeseinheitlichen Leistungsgruppen und sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen verbessert werden. Die Einführung von Krankenhauslevel, von der aufgrund Teils heftiger Kritik der Bundesländer zunächst Abstand genommen wurde, feiert im Entwurf des Krankenhaustransparenzgesetzes hingegen eine Renaissance.

Einführung der Vorhaltevergütung

Die erste geplante Änderung betrifft die Finanzierung. Die bisherige Fallpauschalenvergütung soll durch eine Vorhaltepauschale in Kombination mit einer Absenkung der Fallpauschale ersetzt werden. Vorgesehen ist ab dem Jahr 2025 eine Vorhaltepauschale in Höhe von 60 Prozent der Gesamtbetriebskosten. Sie soll in einer Übergangsphase bis 2027 budgetneutral erfolgen und anschließend flächendeckend eingeführt werden. Bei der Vorhaltepauschale handelt es sich um einen Fixbetrag, der losgelöst von der tatsächlichen Nutzung der Betten gezahlt wird. Die übrigen Kosten werden nach wie vor auf Grundlage von diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) erstattet.

Einteilung in Leistungsgruppen

Der Entwurf sieht auch die Einführung einer Leistungsgruppensystematik nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens vor. Stationäre Leistungen sollen zukünftig in Leistungsgruppen eingeteilt werden, um bundeseinheitliche Qualitätskriterien zu schaffen. Ziel ist es, Mindestanforderungen bezüglich der Struktur- und Prozessqualität zu erreichen.

Zuständig für die Festlegung der Leistungsgruppen der einzelnen Krankenhäuser sind nach den Arbeitsentwürfen die einzelnen Krankenhäuser. Die Einteilung soll per Rechtsverordnung durch das BMG erfolge, wobei eine Zustimmung durch den Bundesrat erforderlich sein wird. Benennen möchte das BMG die Leistungsgruppen der Krankenhausbehandlung im vorgeschalteten Krankenhaustransparenzgesetz. Die 60 somatischen Leistungsgruppen sollen dabei um fünf fachlich gebotene Leistungsgruppen wie Notfallmedizin und Infektiologie ergänzt werden.

Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen

Im vorläufigen Entwurf ist auch geplant, die Beziehungen zwischen Krankenhäusern und Vertragsärzten neu zu gestalten. Sektorenübergreifende Leistungen wie ambulante Operationen, belegärztliche Leistungen oder Tages-, Nacht-, Kurzzeit- und Übergangspflege sollen zukünftig auch von sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen erbracht werden können. Wichtig ist auch, dass ärztliche Leistungen in diesen Einrichtungen – bei Vorliegen entsprechender Kooperationsvereinbarungen – auch durch Vertragsärzte erfolgen können. Vorab muss durch die Bundesländer im Einvernehmen mit den Krankenkassen definiert werden, was unter einer sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung zu verstehen ist. Die hierfür bisher verwendete Bezeichnung „Level 1i-Krankenhäuser“ ist aus dem Gesetzestext verschwunden, da sich die Bundesländer erfolgreich gegen die Einteilung der Krankenhausversorgung in festen Versorgungsstufen (Levels) gewehrt haben. Der genaue Zeitpunkt des Inkrafttretens ist bislang ebenso ungewiss, wie die Kosten der Reform.

Krankenhaustransparenzgesetz

Der Entwurf des Krankenhaustransparenzgesetzes wurde am 21. September 2023 in erster Lesung in teils hitzig geführten Debatten im Bundestag beraten. Das BMG möchte hiermit die geplante Krankenhausreform flankieren und für bessere Transparenz sorgen. Das Gesetz soll Basis für die geplante Veröffentlichung von Struktur- und Leistungsdaten der Krankenhäuser in Deutschland sein. Vorgesehen ist, dass Kliniken zukünftig verpflichtet sind, zusätzliche Daten – unter anderem zu Pflegekräften, Ärztinnen und Ärzten – an zwei beauftragte Institute zu melden, die diese Angaben mit den vorhandenen Daten zusammenführen und zur Veröffentlichung aufbereiten. Das neu geschaffene Portal soll auf einen Blick ersichtlich machen, welches Krankenhaus in ihrer Nähe welche Leistungen anbietet und wie es im Hinblick auf Qualität abschneidet.

Der Vorstoß des BMG stieß vielfach auf Unverständnis. Kritisiert wurde insbesondere die Reihenfolge und Unabgestimmtheit des Vorgehens im Gesamtkonzept der Reformbestrebungen. Darüber hinaus wurde bemängelt, dass die Einführung überflüssig sei und die Krankenhausplanung der Länder erschwere. Zwar sei die Bestrebung mehr Transparenz zu schaffen begrüßenswert, doch schaffe das Gesetz neue Bürokratie anstatt bestehende abzuschaffen. Dies ginge insbesondere zu Lasten kleinerer Häuser, die mit den immer weiter wachsenden Anforderungen zu kämpfen haben. Fest steht aber, dass dieser Arbeitsentwurf eine weiter regulatorische Belastung für die Krankenhausbetreiber vorsieht, die ohnehin schon mit Personalengpässen zu kämpfen haben. Inwieweit dies tatsächlich umgesetzt wird und wie die konkreten Tatbestandsvoraussetzungen tatsächlich werden, bleibt abzuwarten.

Anmerkung

Die Krankenhausfinanzierung zukünftig auch an die Anzahl der vorgehaltenen Leistungen zu knüpfen, anstatt allein auf die behandelten Fälle abzustellen, stellt die größte Veränderung in der angestrebten Reform dar. Von der erstrebten Verringerung des ökonomischen Drucks, sollten insbesondere auch kleinere Kliniken profitieren. Auch die Stärkung der ambulanten Versorgung durch die Schaffung sektorenübergreifender Versorgungseinrichtungen kann zu weitreichenden Veränderungen der Krankenhauslandschaft führen – in Abhängigkeit davon, wie das Gesetz am Ende ausgestaltet sein wird. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage, wie die angekündigte – und auch durch den Bundesrat geforderte – gesetzgeberische Einschränkung der investorenbetriebenen MVZs hiermit in Einklang gebracht wird. Inwieweit sich das Krankenhaustransparenzgesetzes in seiner jetzigen Form gesetzgeberisch umsetzen lassen wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Die aktuell geplanten Regelungen dürften aber zu einem bürokratischen Mehraufwand für die Kliniken führen. Da die Entwürfe in toto viele Fragen offen lassen bleibt abzuwarten, welche der geplanten Änderungen tatsächlich in den Anfang des nächsten Jahres zu erwartenden Referentenentwürfen umgesetzt werden. Gesetzgeberisch dürfte es dann vor dem Osterfest interessant werden.

Benjamin Knorr
Andreas Scheffold

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Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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