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Temporäre Senkung des Umsatzsteuersatzes für Gas- und Wärmelieferungen vom 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024

Einleitung

Durch das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz wird der Umsatzsteuersatz für Gaslieferungen über das Erdgasnetz und die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz befristet vom 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024 von 19 Prozent auf 7 Prozent gesenkt.

Viele Vermietungsunternehmen waren z. B. wegen der Corona-Lage bisher nicht in der Lage, dies organisatorisch umzusetzen. Hierzu erlaubt ein BMF-Schreiben pragmatische Vereinfachungsregeln.

Die gesetzlichen Grundlagen und die wichtigen Vereinfachungsregeln werden nachfolgend dargestellt und durch Beispiele ergänzt.

Stellungnahme

Gesetzliche Grundlagen

§ 27 Abs. 1 UStG schreibt im Falle von Steuersatzänderungen die Anwendung des Umsatzsteuersatzes vor, der zu dem Zeitpunkt gilt, in dem die Leistung ausgeführt wird. Erfolgt also die Ausführung der Gas- und Wärmelieferung bis 30. September 2022, ist der Steuersatz von 19 Prozent anzuwenden. Für ab dem 1. Oktober 2022 ausgeführte Lieferungen erfolgt die Umsatzbesteuerung mit 7 Prozent. Ab dem 1. April 2024 soll sich dies wieder umkehren. Diese Regelung gilt auch für die Ausführung von Teillieferungen.

In der Rechnung ist der Zeitpunkt der Ausführung der Lieferung anzugeben (§ 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG). Werden Lieferungen für Gas oder Wärme für einen Zeitraum abgerechnet, gilt die Leistung mit dem Ende dieses Zeitraums als ausgeführt. Gas- und Wärmelieferungen sind mit Ablauf des Ablesezeitraums als ausgeführt zu behandeln (A 13.1 (2) S. 4 UStAE). Wird eine Wärmelieferung beispielsweise am 1. Januar 2022 begonnen und am 31. Dezember 2022 (= Ablesezeitpunkt) abgeschlossen, gilt sie umsatzsteuerlich am 31. Dezember 2022 als ausgeführt. In diesem Fall wäre also der Steuersatz von 7 Prozent maßgeblich.

Teilleistungen/-lieferungen sind wirtschaftlich abgrenzbare Teile einer einheitlichen Lieferung oder Leistung, für die das Entgelt gesondert vereinbart und abgerechnet wird.

Es ist zu empfehlen, bestehende Gas- und Wärmelieferungsverträge hinsichtlich vereinbarter Teilleistungen (= Ablesezeiträume) und des jeweils anzuwendenden Umsatzsteuersatzes zu überprüfen. Eventuelle Anpassungen müssen allerdings vor Inkrafttreten der Umsatzsteuersatzänderung erfolgen. Somit sollten Anpassungen von Ablesezeiträumen spätestens im März 2024 erfolgen, um noch den Vorteil eines niedrigeren Umsetzsteuersatzes von 7 Prozent zu bekommen (siehe unten Beispiel 2a).

Im Falle von Abschlagszahlungen entsteht die Steuer gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 4 UStG, wenn das Entgelt vereinnahmt wird. Nach § 27 Abs. 1 S. 2 UStG gilt allerdings derjenige Steuersatz, der bei tatsächlicher Ausführung der (Teil-)Leistung/Lieferung anzuwenden ist.

Die während eines Ablesezeitraums geleisteten Abschlagszahlungen führen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums ihrer Vereinnahmung zum Entstehen der Steuer (A 13.1 (2) S. 5 UStAE). Wird also ein Abschlag für Gaslieferungen im September 2022 vereinnahmt, ist grundsätzlich zunächst weiterhin mit 19 Prozent abzurechnen. Bei Vereinnahmung im Oktober 2022 gilt ein Umsatzsteuersatz von 7 Prozent. Hierzu gibt es allerdings im BMF-Schreiben Vereinfachungsregeln (siehe unten Beispiel 1a).

Sollten bereits Abschlagsrechnungen in Lieferzeiträumen über die Stichtage der befristeten Begrenzung vor Oktober 2022 mit 19 Prozent bzw. vor März 2024 mit 7 Prozent, gestellt und vereinnahmt worden sein, sieht § 27 Abs. 1 S. 3 UStG eine Berichtigung mit der Schlussrechnung vor (dazu Beispiele 1 und 2).

Beispiel 1:
Eine Gaslieferung sieht einen Lieferzeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2022 vor. Es gibt monatliche Abschlagzahlungen zum 1. eines jeden Monats von netto 100 EUR, die auch immer pünktlich bezahlt werden. Am Jahresende werden netto 1.300 EUR abgerechnet.

Grundsätzlich sind von Januar bis September 2022 119 EUR (netto 100 EUR zzgl. 19 Prozent USt) zu zahlen. Für Oktober bis Dezember sind 107 EUR (netto 100 EUR zzgl. 7 Prozent USt) zu zahlen.

In der Schlussrechnung sind dann brutto 1.391 EUR (netto 1.300 EUR zzgl. 7 Prozent USt) abzurechnen. Anzurechnen sind die Abschläge von 9x 119 EUR = 1.071 EUR (netto 900 EUR zzgl. USt 171 EUR) und 3x 107 EUR = 321 EUR (netto 300 EUR zzgl. USt von 21 EUR).

Auch wenn das Ergebnis etwas verblüffend ist: Es wird 1 EUR erstattet werden. Netto müssen zwar 100 EUR nachgezahlt werden (1.300 EUR ./. 1.200 EUR), allerdings wurden 101 EUR zu viel Umsatzsteuer in den Abschlägen bezahlt (91 EUR ./. 171 EUR und ./. 21 EUR).

Beispiel 2:
Eine Gaslieferung sieht eine Lieferzeitrum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2024 vor. Es gibt monatliche Abschlagzahlungen zum 1. eines jeden Monats von netto 100 EUR, die auch immer pünktlich bezahlt werden. Am Jahresende werden netto 1.300 EUR abgerechnet.

Grundsätzlich sind von Januar bis März 2024 107 EUR (netto 100 EUR zzgl. 7 Prozent USt) zu zahlen. Für April bis Dezember sind 119 EUR (netto EUR 100 zzgl. 19 Prozent USt) zu zahlen.

In der Schlussrechnung sind dann brutto 1.547 EUR (netto 1.300 EUR zzgl. 19 Prozent USt) abzurechnen. Anzurechnen sind die Abschläge von 3x 107 EUR = 321 EUR (netto 300 EUR zzgl USt 21 EUR) und 9x 119 EUR = 1.071 EUR (netto 900 zzgl. USt von 171 EUR).

Es sind nun 155 EUR nachzuzahlen. Netto müssen 100 EUR nachgezahlt werden (1.300 EUR ./. 1.200 EUR), zusätzlich sind 55 EUR Umsatzsteuer nachzuzahlen (247 EUR ./. 21 EUR ./. 171 EUR)

Regelungen lt. BMF-Anwendungsschreiben

Das BMF hat in einem Anwendungsschreiben vom 25. Oktober 2022 (BMF-Schreiben) die befristete Umsatzsteuersatzsenkung vom 1.Oktober 2022 bis 31. März 2024 kommentiert.

Auch das Legen eines Gas-Hausanschlusses gilt als Lieferung von „Gas über das Erdgasnetz" und wird insoweit bei Ausführung zwischen dem 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024 mit 7 Prozent umsatzbesteuert (Tz. 6 des BMF-Schreibens).

Selbständige sonstige Leistungen, die nicht Teil der Gaslieferung sind, unterliegen dem Regelsteuersatz von 19 Prozent (Tz. 7 des BMF-Schreibens).

Das BMF Schreiben sieht Vereinfachungsregeln vor:

Das BMF erlaubt eine einfache Darstellung von Teilleistungen. So kann für Abrechnungszeiträume in der Übergangsphase 31. März/1. April 2024 ratierlich abgegrenzt werden, damit für eine Teilleistung noch mit 7 Prozent abgerechnet werden kann. Allerdings ist bei Ablesezeiträumen von mehr als drei Monaten eine Gewichtung bei möglichen Verbrauchsunterscheiden zu prüfen (Tz. 12 des BMF Schreibens).

Beispiel 2a:
Gleiche Zahlen wie Beispiel 2. Bei der Abrechnung wird eine Teillieferung vom 1. Januar bis März 2024 und eine weitere Teillieferung vom 1. April bis 31. Dezember 2024 angenommen. Aufgrund der Wintermonate wird für Januar bis März und Oktober bis Dezember doppelt so viel Gasverbrauch wie von April bis September angenommen. Bei einem Endverbrauch von 1.300 EUR fallen also jeweils 433 EUR jeweils auf Januar bis März 2024 und Oktober bis Dezember 2024 und 434 EUR auf April bis September 2024.

Auf die 433 EUR für Januar bis März 2024 sind 7 Prozent USt = 30,31 EUR zu berechnen. Auf 2x 433 EUR = 866 EUR für April bis Dezember 2024 sind 19 Prozent USt = 164,54 EUR zu berechnen.

An der umsatzsteuerlichen Behandlung der Abschläge ändert sich nichts im Vergleich zu Beispiel 2.

Für die Teillieferung Januar bis März 2024 sind brutto 463,31 EUR (433 EUR zzgl. 30,31 EUR) abzurechnen und 321 EUR Abschläge anzurechnen. Somit ergibt sich eine Nachzahlung von 142,31 EUR (netto 133 EUR und 9,31 EUR USt).

Für die Teillieferung April bis Dezember 2024 sind 1.031,73 EUR (867 EUR zzgl. 19 Prozent USt von 164,73 EUR) abzurechnen. Abschläge von 1.071 EUR sind anzurechnen. Es ergibt sich eine Erstattung von 39,27 EUR (netto 33 EUR zzgl. USt von 6,27 EUR).

Insgesamt sind 103,04 EUR (netto 100 EUR zzgl USt von 3,04 EUR) anzurechnen.

Im Vergleich zu Beispiel 2 sind nun 51,96 EUR weniger zu zahlen, da die USt auf die Teillieferung Januar bis März 2024 (netto 433 EUR) nicht 19 Prozent (82,27 EUR), sondern 7 Prozent (30,31 EUR) beträgt.

Abschläge, die nach dem 30. September 2022 vereinnahmt werden, können zunächst weiterhin mit 19 Prozent abgerechnet werden. Die Korrektur hat dann in der Endabrechnung zu erfolgen. Der vorsteuerabzugsberechtige Mieter hat insoweit für die Abschläge auch vollen Vorsteuerabzug (Tz. 15 des BMF-Schreibens).

Beispiel 1a:
In Abwandlung des Beispiels 1 können also die Abschläge Oktober bis Dezember weiterhin mit 19 Prozent abgerechnet werden (3x 119 EUR = 357 EUR). In der Schlussrechnung werden dann 36 EUR mehr erstattet.

Sollten Rechnungen im Zusammenhang der Gas- und Wärmelieferungen an einen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer fälschlicherweise 19 Prozent statt 7 Prozent enthalten bedarf es nicht zwingend einer Korrektur (Tz. 19 des BMF-Schreibens). Insoweit können also Vermieter mit umsatzsteuerpflichtigen (= vorsteuerabzugsberechtigten) Mietern auf jegliche Anpassung der Prozesse verzichten. Dies deswegen, da die Umsatzsteuer für Vermieter und Mieter kein Kostenfaktor ist.

Sollten Sie steuerrechtliche oder prozessuale Fragen haben, steht Ihnen ADVANT BEITEN mit seinen Steuerexperten gerne zur Verfügung.

Jens Müller

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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Umsatzsteuersatz Gaslieferung Wärmelieferung

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